In Hessen werden zurzeit verstärkt neue Mountainbike–Strecken geplant. Diese Sportart boomt und wird von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald begrüßt, sofern sie naturverträglich und sicher ausgeführt wird.
Doch das ist nicht immer so. Oft werden vollkommen neue Strecken geplant und dabei Trails mitten durch den Wald, fernab von bestehenden Wald- und Erholungswege vorgeschlagen oder sogar illegal angelegt. Das betrifft die bislang ruhigen und abgelegenen Waldbereiche. Wildlebende Tiere sind damit ständig - auch in den sensiblen Brut- und Setzzeiten – und in den empfindlichen Dämmerungsstunden, ja selbst nachts - erheblichen Störungen an ihren Zufluchtsstätten ausgesetzt und verlieren wichtige Rückzugsmöglichkeiten. Da die Strecken technisch anspruchsvoll sein sollen, verlaufen sie in steilen Waldhanglagen. Die intensive Befahrung reißt die Bodendecke auf, die Erosionsgefahr der Böden wächst. Immer häufigere Starkregenereignisse infolge des Klimawandels verstärken diesen Prozess und leiten das grade in Dürrezeiten im Wald benötigte Wasser viel zu schnell ab.
Auch vor den europäischen Naturschutzgebieten, den FFH-und Vogelschutzgebieten, wird kein Halt gemacht. So sollten beispielsweise in einer Gemeinde des Odenwaldes gleich 6 Strecken im FFH-Gebiet „Buchenwälder des vorderen Odenwaldes“ ausgewiesen werden. Waldgebiete, die als FFH-Gebiete zu der „Natura 2000-Gebietskulisse“ gehören, stehen unter besonderem Schutz. Erklärtes Ziel ist hier, neben dem Schutz jeweilig besonderen Lebensräumen wie z.B. Buchenwälder, Totholz als Lebensraum für Spechte, Fledermäuse, Käuze, Insekten (z.B. Wildbienen) zu erhalten und zu mehren.
Infolge der Dürrejahre zwischen 2018 – 2022 sind viele Wälder in Hessen nicht mehr gesund und stabil. Immer häufiger finden sich abgestorbene bzw. kranke Bäume mit hohem Dürrastanteil in den Baumkronen. Um hier gefahrlos den Mountainbike-Sport ausüben zu können, müssten akute Gefahrenbäume aus Sicherheitsgründen gefällt werden, mit der Folge, dass dadurch weitere wertvoller Grundlagen für die Artenvielalt im Wald verloren gehen. Allein dies widerspricht schon dem grundsätzlichen Verschlechterungsverbot in jedem FFH-Gebiet. Hinzu kommt, dass durch die ständige Beunruhigung und Störung die Lebensräume beeinträchtigt werden. Das in Art. 6 Abs. 2 FFH-RL (Flora-Fauna-HabitatRichtlinie) formulierte „Verschlechterungsverbot“ verpflichtet jeden Mitgliedstaat dazu, vorsorglich, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Insbesondere sollte in FFH-Gebieten der Mindest- oder allgemeine Schutz der Arten hier konsequent eingehalten werden, denn vermeidbare Beunruhigungen wildlebender Tiere und Beeinträchtigungen ihrer Lebensstätten sind nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz verboten.
Die Bundesrepublik Deutschland wurde bereits 2020 von der EU gerügt, weil die FFH-Gebiete zu wenig und zu unkonkret geschützt sind. In den FFH-Gebieten können bestehende Wege bei Rücksichtnahme auf andere Waldbesucher ohnehin in ein MTB-Streckensystem integriert werden. Hier aber vollkommen neue Strecken auszuweisen und zusätzliche Eingriffe zuzulassen, widerspricht den Zielen des Naturschutzes und dem Geist der Artenschutzkonferenz von Montreal 2022.
Die SDW Hessen fordert daher:
- Neue MTB-Trails und Trail-Parks dürfen nur außerhalb der FFH-Gebiete geplant und angelegt werden. In größeren zusammenhängenden Waldgebieten mit und ohne FFH-Status (Gemengelagen) sind allenfalls Zuwegungen zu solchen Trails zulässig, wenn diese nachweislich nicht auf vorhanden Wegen geführt werden können.
- In allen Schutzverordnungen für FFH-Gebiete ist ein grundsätzliches Verbot von MTB Trails vorzusehen
- Im Zuge der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ müssen die öffentlichen Ämter, Schulen, Behörden, Tourismusorganisationen, Geo-, Natur- und Nationalparke stärker die Notwenigkeit des natur- und umweltverträglichen Mountainbikens in ihre Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit aufnehmen und auch die negativen Auswirkungen des MTB auf den Arten- und Umweltschutz darstellen. Insbesondere Schulen, die im Fach Sport MTB-Kurse anbieten, sollten mit entsprechenden Bildungsunterlagen ausgestattet werden.
- Eine intensivere Überwachung und Ausschöpfung aller ordnungsrechtlichen Möglichkeiten unter Einbeziehung der Polizeibehörden, um illegales MTB insbesondere in den FFH-Gebieten, wirkungsvoll zu unterbinden. Dabei darf man die Forstämter als Unter Forstbehörden nicht allein lassen- Polizei und die zuständigen Bußgeldbehörden müssen die bestehenden gesetzlichen Vorgaben durchsetzen.
In seinen Grundsätzen beschlossen auf der Landesdelegiertenversammlung am 6. Mai 2023