Stellungnahme zur Waldzustandserhebung 2020

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) fordert Reduzierung der Grundwassergewinnung im Wald

Am vergangenen Freitag stellte die hessische Umweltministerin Priska Hinz in einer Online-Pressekonferenz Maßnahmen ihres Hauses gegen die massiven Waldschäden und nebenbei den aktuellen Waldzustandsbericht 2020 vor. Hierbei wurde erläutert, dass die Waldschäden noch nie so gravierend waren wie nach diesem Sommer. So hat sich die Absterberate der Bäume in Hessen gegenüber dem langjährigen Mittel versiebenfacht, die starken Schäden haben auf 9 Prozent zugenommen und mit 28% Kronenverlichtung wurde der höchste Wert seit Beginn der Waldzustandserhebung (ehemals Waldschadensbericht) ermittelt. Der Bericht bescheinigt dem hessischen Wald den schlechtesten Vitalitätszustand seit 1984 (Beginn des Monitorings). Die SDW hat seit vielen Jahren vor dieser rasanten Entwicklung gewarnt.

Die von der Ministerin vorgestellten Gegenmaßnahmen betreffen vor allem den Landesbetrieb Hessen-Forst, der nach Jahren der Abführung von Gewinnen aus dem Holzverkauf an das Land seit letztem Jahr - auf Grund der massiven Einnahmerückgänge beim Holzverkauf - Landeshilfe bekommt. Hingegen sind die Hilfen für die privaten Waldbesitzer und Kommunen vor allem auf die Unterstützung bei konkreten Maßnahmen wie z.B. Wiederaufforstungen, Kulturpflege und Verkehrssicherungen vorgesehen.

„Es sind in erster Linie der Klimawandel und die massive Erderwärmung, die unserem Wald zusetzen! Der Wald leidet massiv unter der großen Sommertrockenheit und den Temperaturen bis an die 40 Grad,“ ist auch Bernhard Klug, Landesvorsitzender der SDW Hessen, der Meinung. „Wir werden diese Entwicklung abstellen müssen, doch wird das nicht so schnell von statten gehen, wie das für den Wald nötig ist. Was wir aber können, ist den Wald durch eine Reduzierung der Grundwasserförderung zu entlasten, die bereits vor den Extremjahren 2018 - 2020 dem Wald an vielen Standorten zusetzte. Alleine im Hessischen Ried werden 40 Millionen Kubikmeter Trinkwasser für den Raum Frankfurt – Rhein-Main dem Ökosystem entnommen. Hinzu kommen 18 Millionen Kubikmeter Wasser für die Landwirtschaft, die Großteils in Form von verdunstungsreicher Beregnung verschwendet werden. Die Wassergewinnung im Wald muss dringend reduziert werden, denn dieses Wasser fehlt den Waldbeständen an vielen Waldorten in Hessen“, so Klug. „Es wird Wasser abgepumpt was das Zeug hält, weil der Verbrauch für unsinnige Maßnahmen wie Golfplätze, private Schwimmbäder, großzügige Gartenbewässerung und grüne Rasenflächen so groß ist. Wir rauben dem Wald das Wasser im Vogelsberg, dem Hessischen Ried und dem Burgwald aber auch an vielen anderen Brunnen und wundern uns, wenn der Wald stirbt!“ kritisiert der Landesvorsitzende. „Und die grüne Umweltministerin geht mit keinem Punkt auf diese Problematik ein. Das ist sehr enttäuschend! Die deutlich abnehmenden Grundwasserneubildungsraten werden im Hinblick auf den Klimawandel von den Landesbehörden sträflich vernachlässigt. Es wird so getan als hätte man alles im Griff, doch die Ausrufung von Wassernotständen in Städten und Gemeinden hat deutlich zugenommen und wird – bedingt durch die Klimakatastrophe - weiter anwachsen.“

Die SDW fordert dringend ein massives Engagement der grünen Umweltministerin für eine nachhaltige, dem Klimawandel angepasste Hessische Wasserpolitik. „Die Probleme der Wasserversorgung werden mit Sicherheit nicht geringer, weder für den Wald noch für die Menschen, die sauberes Wasser benötigen. Seit bald fünf Jahren dreht man sich bei der Erstellung eines „Leitbild für ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement Rhein-Main“ im Kreis und produziert bisher nur ein Papier nach dem anderen, die von der Wasserlobby kon-terkariert werden. Die Ministerin muss hier mal auf den Tisch hauen und klare Vorgaben formulieren, statt der veralteten, naturunverträglichen Grundwasserbewirtschaftungspla-nung anzuhängen“, fordert Bernhard Klug. „Bisher hat sich nichts geändert!“

Die SDW fordert umgehende Maßnahmen, um die Belastungen der Wälder durch die Wassergewinnung zu reduzieren und die Waldökosysteme im ganzen Land zu stabilisieren:

  • Erstellung eines umfangreichen Sparpaketes zur Reduktion der Trinkwassergewinnung durch Grundwassereinsparung.
  • Umstellung des Wasserpreises hin zu einem Bonus-Malus-System (wer viel verbraucht, zahlt auch mehr – wer wenig verbraucht, wird belohnt).
  • Nachweispflicht einer sparsamen, nachhaltigen und verbrauchsnahen Wassergewinnung bei der Aufstellung von B-Plänen für Kommunen sowie Einführung einer Zisternenpflicht bei Neubau und wesentlichen Umbaumaßnahmen von Gebäuden.
  • Reduktion der Wassergewinnung im Hessischen Ried, im Vogelsberg und im Burgwald und Ersetzen des Wassers durch verbrauchsnahe Trinkwasserbrunnen und durch Uferfiltrat des Rheins und des Mains (wie Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westphalen).
  • Vorrang der Natura 2000-Richtlinie gegenüber der Grundwasserförderung im Ried.
  • Wiederaufnahme der finanziellen Förderung für Versickerungsanlagen, Zisternen und Etablierung von Brauchwassersystemen bei der Bauleitplanung und bei Baugenehmigungen.
  • Reduktion der ineffizienten landwirtschaftlichen Beregnung durch die Verpflichtung zu sparsamen Bewässerungssystemen.
  • Wiederaufspiegelung des Grundwassers in den stark durch Grundwassergewinnung geschädigten Wäldern und anderen Ökosystemen (Pfungstädter Moor).
  • Wiedereinführung eines Wassercents (Grundwasserabgabe) zur Sanierung der geschädigten Waldökosysteme.
  • Rückbau der Grundwasserförderung aus Tiefbrunnen im Zuge der Grundwasserbewirtschaftung.
  • Überprüfen der Arbeit der Wasserbeschaffungsverbände, ob sie im Sinne und zum Wohle der Allgemeinheit arbeiten und nachhaltig wirtschaften.
  • Neuorientierung des bisherigen Vorrangs der überregionalen, gewinnorientierten Grundwasserförderung hin zu einer nachhaltigen, umweltfreundlichen, klimaangepassten und sozialen Wasserpolitik durch den Hessischen Landtag.
    Der Wald braucht sein Wasser zurück – es eilt!
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